Das Bild der digitalen Labyrinthe symbolisiert für Elisabeth Hödl die vernetzte Welt, in der wir uns orientieren müssen. Digitalität erlaubt eine Kommunikationsinfrastruktur, die durch das World Wide Web ein globales Partizipationsfeld bietet. Einen Diskursraum, der es grundsätzlich jedem Menschen ermöglichen sollte, seine Meinung zu artikulieren und zum Ausdruck zu bringen.
In ihrer am 13. Oktober gehaltenen Antrittsvorlesung befasst sich Elisabeth Hödl mit der Frage, ob es in den digitalen Labyrinthen Phänomene gibt, die unsere Meinungsfreiheit und den damit verbundenen Diskurs in einer demokratischen Gesellschaft untergraben, behindern oder unbewusst beeinflussen, ohne dass wir uns dessen immer bewusst sind. Phänomene, bei denen die Beschränkung des Grundrechts auf Meinungsäußerungsfreiheit rechtlich vielleicht gar nicht so einfach zu identifizieren ist. Dazu zählen für Hödl beispielsweise die Betäubung durch belanglose Unterhaltung, die Selbstzentrierung durch Filter-Bubbles, die Konfusion, die durch Manipulation, Fake News oder Diffamierungen entsteht, das Unbekannte, wie sich ständig transformierende Technologien und die Selbstzensur, die beispielsweise dadurch entsteht, dass wir im Internet nicht mehr nach bestimmten Informationen suchen, weil wir negative Effekte auf unsere Suchhistorie oder unsere Datenprofile fürchten („Chilling effect“).
Insgesamt ist in diesem Kontext die Bedeutung des Journalismus und die Idee der redaktionellen Gesellschaft, wie sie der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen vorgebracht hat, hervorzuheben. Im internationalen Kontext zeigt sich, dass das Maß der Pressefreiheit als Maßstab für Demokratie angesehen werden kann. Aus der Idee der redaktionellen Gesellschaft leitet Hödl ab, dass wir verstehen müssen, wie Diskurse und Diskursräume funktionieren. Im juristischen Denken ist man mit diesen Fragen und der Sicherung der Kommunikationsgrundrechte konfrontiert.
Insgesamt gilt es, das Setting der Digitalisierung genau zu analysieren. Es ist zu identifizieren, wer die Infrastrukturen der digitalen Labyrinthe verantwortet, wer sie beherrscht und welche ökonomischen Bestrebungen sie steuern. Dafür benötigt es systemisches Denken. Eine wichtige Aufgabe als Praxisprofessorin sieht Elisabeth Hödl in der Übersetzungsarbeit von rechtlichen Normen, der Verbindung mit der Praxis und der Entwicklung von Tools für Medienkompetenz.
Zur Person:
Elisabeth Hödl ist Praxisprofessorin für IT-Recht am Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen. Sie begann als Assistentin am Institut für Öffentliches Recht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz, war im Europäischen Parlament tätig und arbeitete viele Jahre in einer Rechtsanwaltkanzlei mit wirtschaftsrechtlichem Schwerpunkt. Danach war sie Chief Scientific Officer eines Consultingunternehmens und gründete später ein Beratungsunternehmen für Zukunftskonzepte in der digitalen Welt. Heute ist sie in der Styria Media Group AG tätig. In der Lehre verbindet sie diese vielfältigen Erfahrungen mit dem rechtlichen Wissen zum IT-Recht.