Mit einem brandaktuellen Thema starteten am 21. Juni 2017 die Wirtschafts- und umweltrechtlichen Gespräche, eine neue Veranstaltungsreihe der Rechtswissenschaftlichen (REWI) Fakultät der Universität Graz in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Steiermark. Am Beispiel des nach wie vor anhaltenden Streits um das Grazer Murkraftwerk wurde über Möglichkeiten und Grenzen der Partizipation von Bürgerinitiativen und NGOs in Umweltverfahren diskutiert.
Die Aarhus-Konvention, die von allen EU-Mitgliedstaaten und von der Europäischen Union unterzeichnet wurde, fordert im Falle von Verstößen gegen das Umweltrecht, dass BürgerInnen und NGOs ihre Ansprüche auf den Schutz ihrer Lebensräume vor Gericht einklagen können. Eine Forderung, die nicht nur auf Zustimmung stößt. So waren auch bei den Wirtschafts- und umweltrechtlichen Gesprächen die Standpunkte kontrovers: Einerseits führe Bürgerbeteiligung in der Praxis nicht zur erhofften Akzeptanz von Infrastrukturprojekten und würden Projekte auch nach rechtskräftiger Genehmigung in Frage gestellt, wie gerade das Murkraftwerk zeige. Andererseits sei Österreich bei der Umsetzung der Aarhus-Konvention und deren Beteiligungsrechten europaweit eines der „Schlusslichter“ und müsse den Bürgern und Bürgerinnen vermehrt auf Augenhöhe begegnet werden.
Nach der Begrüßung durch KR Friedrich Hinterschweiger von der WKO Steiermark und REWI-Dekan Stefan Storr folgten einleitende Impulsstatements von Mag. Thomas Alge (Ökobüro) und Rechtswanwalt Univ.-Prof. Dr. Georg Eisenberger (Uni Graz). Am Podium diskutierten unter der Moderation von Univ.-Prof. Dr. Eva Schulev-Steindl (Uni Graz) Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Bergthaler (Haslinger/Nagele & Partner), Dr. Josef Kranz (Energie Steiermark), Dr. Waltraud Petek (BMLFUW), MMag. Ute Pöllinger (Landesumweltanwältin Steiermark), Univ.-Doz. Dr. Stephan Schwarzer (WKO) und Dr. Barbara Weichsel-Goby (Umweltdachverband).
3. Grazer Umweltrechtsforum
Eine wissenschaftliche Vertiefung erfuhr das Thema der Beteiligung von Bürgerinitiativen und NGOs in Umweltverfahren auf Basis der Aarhus-Konvention am darauffolgenden Tag beim 3. Grazer Umweltrechtsforum unter der Leitung von Eva Schulev-Steindl, Ass.-Prof. Dr. Gerhard Schnedl (Uni Graz) und Barbara Weichsel-Goby. Auf dem Programm der Veranstaltung mit internationaler Beteiligung standen Vorträge und Präsentationen zu aktuellen Entwicklungen, unter anderem die Vorstellung der Ergebnisse eines Projekts zum „Aarhus Convention Capacity Building“ unter der Leitung von Eva Schulev-Steindl und Barbara Weichsel-Goby.
Das Projekt soll für die Anliegen der Konvention – Information, Partizipation und Zugang zu Gerichten in Umweltsachen – sensibilisieren. Dazu wurde unter anderem die Environmental Law Clinic an der Uni Graz ins Leben gerufen. Über drei Semester bot sie Studierenden die Möglichkeit, Fälle aus der Umweltrechtspraxis auf Seiten der NGOs juristisch „pro bono“, also zum Wohle der Öffentlichkeit, zu begleiten. Die Leitung und Betreuung der Studierenden lagen bei Schulev-Steindl und Mag. Miriam Karl.
Abgerundet wurde die Tagung unter anderem durch Erfahrungsberichte von NGOs, Umweltanwaltschaften und Bürgerinitiativen, eine Diskussion möglicher, verbesserter Umsetzungsmaßnahmen für Österreich und einen Überblick über aktuelle Entwicklungen auf EU-Ebene.